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Roman: Geschehnisse um Licht und Finsternis

Christoph R. Reltir

beschreibt weitreichende Gedankenreisen

… manchmal auch Lyrik

Vogelfrei

In der Mache! Die Novelle wird voraussichtlich 2023 erscheinen.

Nostalgie

Bittersüße Nostalgie
ergreift mich wieder,
verlässt mich nie.
Heute, früher
als eh und je
verdrehtes Empfinden
damals geschehen.
Tage der Sehnsucht,
Zeiten des Leids
erhalten Zuspruch,
wenn sie gedeiht.

Machtmensch

Dass Macht macht, dass wir Worte verdrehen.
Du uns und uns du sich nicht mehr verstehen.
Worte, die uns teilen, zu unterschiedlichen Teilen.
Paradox, groß-klein, Zeilen-Meilen, die einkeilen.
Härter zu fassen, als fassbar zu machen.
Wärter der Wörter, Ausrufezeichen krachen.
Zum Pol wird -emik und -itik,
was kann Mensch da machen.
Kein Platz für Kri-tik, Hysteriker*innen lachen.
Wer will das, der hat was – nicht das letzte Hemd.
Kein Mensch will das, das hat was,
so ist Mensch kein Mensch.

Wildbeuter

Als Person im Dickicht sitzend,
Hunde auf die Wild-Pirsch schickend.
Selbst zu träge zur Bewegung,
selten käm' es zur Begegnung,
wär da nicht der beste Freund,
der die Arbeit erledigt heut.
Das Wild in den Wahnsinn treibend,
kläffend auf den Fersen bleibend,
so nimmt sie den Lauf, die Barbarei,
Jäger und Sammler Sinn entzweit.
Unnötige Wildbeuter.

Philancholie der Einsamkeit

Melancholie der Einsamkeit.
Philanthropie, die ›zweisam‹ schreit.
Weit weg ist sie, nur ich noch nicht.
Versteh' sie nie und doch zerbricht
Welt zu teilen, wer ist bereit?
Nicht zu greifen, viel zu weit.
Philancholie der Einsamkeit.

Wolke

Massenflucht in Tropfenform,
dicht gefügt, geht Mensch konform.
Flüchtig und massiv zu gleich,
Mensch türmt sich auf – gestenreich.
Ruhige Masse lädt sich auf,
kalt-gefroren tauscht sich aus,
gemäßigte Haltung gibt es nicht,
bis die Wolke ganz aufbricht.
Blitz auf und Donner hasst,
Himmelsworte zeigen Last.
Blitz fordert gebeugtes Haupt,
Mensch sich sträubt und kaum vertraut.
Schwer ists, Mensch weiß nicht, wohin.
Zur Sonne, wo keine Wolken sind.

Tropfen

Trommelwirbel, Wetterfront
zieht vorüber und verkommt
hell und klar auf Fensterglas
zum Pinsel-Spiel, nun das wars.
In großer Zahl lullt er ein,
bloße Qual als Einzelteil.
Tropft von fern und tropft von nah,
dieser Tropfen ist stets da.
Tinnitus in Tropfenform,
sinnlos, stumpf, von vorn gebor'n.
Raubt den Schlaf, die ganze Nacht,
nimmt gefangen, wird zur Last.
Wetterfront setzt wieder ein.
Ach, so schön kann Regen sein.

Unendlich endlich

So oft sah ich nach draußen
weit in die Sternenferne.
Weit müsste ich da laufen
zum Kern und ihrer Wärme.
Tristes Dunkles dazwischen,
sich unendlich weit erstreckt,
Konkretes zu verwischen,
das Ende hält sich versteckt.
Wie einsam wär das Wandern
draußen in der Kälte bloß
von einem Stern zum andern,
ohne Sinn und ohne Trost.
Ich seh in deine Augen,
ein Herz, so unendlich groß.
Ein Narr nur würd's bedauern,
unsre Endlichkeit im Tod.

Aa

Die Öfen sind aus,
die Wärme geraubt.
Kaum einer streut sich
die Asche aufs Haupt.
Falsch wird geschrieben,
den Falschen vertraut.
Glaube betrieben,
der Unsinn verdaut.
Notdurft verrichtet,
Latrinen sind voll.
Notdurft verdichtet
gemeinsam als Volk.

Treib gut

Ruhigste Ruh' erlebe ich,
wo Wasser sich am Bootskiel bricht.
Sanft getragen im auf und ab,
bewegter Spiegel tausendfach
mischt Himmel-Erde aufgebracht.
Die Zeit vergeht, macht Wogen glatt.
Einsame Seele taucht hinab,
munter durch des Wassers Kälte.
Licht ganz oben sich erhellte.
Ich tauchte auf mit neuer Kraft.
Wo ist das Boot? – Nicht festgemacht.

Unnatur wunderbar

Bei den Feldern,
nah an dichten Wäldern.
Flickenteppich grün und zart,
wolkig, weich bis garstig, hart,
fein als Teppich, dünn gewebt
aufrecht hin zum Himmel steht.

Menschenhand, die formt.

Bänder langer Verwandtschaft
mäandern durch die Landschaft.
Leben üppig, frei –
gemach, geschmeidig zu gleich.
Pflanzen tanzen ihr Ballett,
Frosch und Grille als Duett.

Letzte Ader, die blutet.

Unnatur wunderbar.

Haiku

Umarmung,
die Kälte
liegt zwischen uns.

Haiku

Nackte Körper,
Duft in der Luft.

Haiku

Eiche am See,
die Sonne darüber,
hier lebe ich.

Moralapostel

Monotonie der Leichensäcke,
– so falsch.
Menscheneinkauf an jeder Ecke,
– so falsch.
Geld auf Unglück wetten,
– so falsch.
Tötend leben retten,
– so falsch.
Moralverlust beweinen,
– so falsch.
Wärme zum Trotz kalt bleiben,
– so falsch.
Moralapostel,
– so falsch.

Eine Brevität

Sinnloses Gerede macht träge den Sinn voll.

Stille

Getöse – von fern und nah.
Verklungen die Stille, – war sie je da?
Ihr Dasein war zynisch, wurde mir klar.
Geräuschlos wär Wahnsinn und unmöglich wahr.
Es rauschen die Autos, Vögel, ein Sturm,
lauter Geschwätz, Mensch, Dorf, Elfenbeinturm.
Erlebt wird sie nie, Verzweiflung ist nah,
Manie-Apathie von hier nach da.

Porträt einer Karikatur

Übellaunig, grunzend, garstig,
stampfend, polternd, andersartig.
Schnauz wie Bürste glatt gekämmt.
Scheitel stramm mit Uni-Hemd.
Biedermann der Gartenhecke.
Horizont mit rechter Ecke.
Niemals ist sein O-Ton nett.
Jähzorn passt in sein Konzept.
Ein dicker Hals, der Kragen platzt.
Taten gipfeln im Rage-Akt.
Bellt die Worte, bäumt sich auf.
Schaum vorm Mund wie Gischt am Strand.
Unangenehm ist ihm genehm.
Solch Meinung wird ihm nie vergehn.

Joie de vivre

Aufgeraut
See bei Nacht
In mir
Tiefenbrand der Seele
Tausendfach mich quäle
Leben schwer geschichtet
Gewichtet
Richtet mir meinen Sinn, wenn ich nicht im Stande bin
Lebensfroh
Ich lebe so
Angestrengt klemm' ich mich zwischen Beginn und Ende
Ertrage das Unertragbare
Ungelenk abgelenkt, wohin ich mich auch wende
Suche, aber finde nie
Ruhe
Apathie
Was ist all das? – Alllast – Seit wann?
Jeher und weiter zurück
Jeden trifft das Lebensglück

Joie d'être

Schönes Leben
Heute
Will ich nichts anderes denken

Mit Gefühl

Zeig es mir.

Wir entzweien unser Hier, teilen es zu zweien,
weil die da wohl die anderen seien.
Ich will deine Tiefe, allein sie bist du.
Du als Gerade, keine schiefe Meinung dazu.
Ehrlichkeit, nicht den eigenen Sinn.
Mehr nicht.
Kein Verlauf.
Es bleibt nur Beginn.

Wahrhaftigkeit.

Haiku

Ich lieg wach
bei Tag,
Tagträume.

Christoph R. Reltir

Christoph R. Reltir, 1987 in Bern geboren, fasst fantastische Geschichten in Worte. Die Ideen dazu schöpft er aus dem alltäglichen Leben und weitreichenden Gedankenreisen. Er arbeitete als Grafiker und Architekt, studiert gegenwärtig im Zweitstudium Sozialwissenschaften und lebt in der Umgebung von Bern.